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Dem "Wohnen von morgen" einen Ort geben

von Annika Buchspies

Mitten im antonius-Quartier in Fulda-Neuenberg enstehen aktuell vier Mehrfamilienhäuser – die Gartenhäuser. Die Gartenhäuser sind ein Wohnprojekt mit solidarischem Ansatz. Sie bilden das Fundament für gemeinschaftliches Wohnen von Menschen mit und ohne Behinderungen, bei dem soziale Verantwortung und Gemeinschaft im Vordergrund stehen. Am Donnerstag, 1. August 2024, enthüllten Vertreter von antonius und die Bewohnerinnen und Bewohner des ersten Gartenhauses gemeinsam mit Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld, das Banner „Leben in Nachbarschaft“ vor dem Hauptgebäude von antonius und gaben damit den offiziellen Startschuss für das Projekt.

Seit Jahren arbeitet antonius daran, behindernde Strukturen in der Gesellschaft aufzubrechen, damit Behinderung gar nicht erst entsteht. Viele Dienste und Angebote wurden bereits überprüft und angepasst, neue sind entstanden. Dazu gehören z. B. die Frühförderstelle „Zitronenfalter“, die inklusive Grundstufe der Antonius von Padua-Schule, die Arbeitsschule Startbahn oder das Unternehmernetzwerk Perspektiva. Der Lebensbereich Wohnen blieb bisher außen vor. Mit den Gartenhäusern ändert sich das. „Wir sind eine lebendige Bürgerstiftung“, sagt Rainer Sippel (Vorsitzender der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch). Schon seit vielen Jahren laden Märkte, kulturelle und religiöse Veranstaltung, der Laden und das Café täglich Bürgerinnen und Bürger zu Begegnungen ein. Auf diese Weise habe sich das Gelände um das Hauptgebäude zum antonius Quartier, einem aktiven Stadtviertel Fuldas, weiterentwickelt. Jetzt ist es laut Sippel an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen: „Die Gartenhäuser stehen für die Verschmelzung von antonius und der Stadt. Bürgerinnen und Bürger sollen nicht nur als Gäste von Veranstaltungen kommen, sondern hier die antonius-Idee mitleben und in die Zukunft tragen. Wir versprechen uns davon einen großen Schritt in Richtung Teilhabe und Normalisierung für Menschen mit Behinderungen“.

„Gibt keinen schöneren Ort, um in Fulda zu leben“

Auf die Ansprache von Rainer Sippel folgte das Highlight der Veranstaltung. Unter Trommelwirbel enthüllten die Bewohnerinnen und Bewohner des ersten Gartenhauses mit Unterstützung von Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld das 5 x 4 Meter große Banner vor dem Hauptgebäude von antonius. Wingenfeld zeigte sich begeistert: „Als wir das Banner eben enthüllt haben, dachte ich: das passt. Das ist typisch gemeinsam Mensch.“ Die Gartenhäuser seien laut Wingenfeld ein echtes Gemeinschaftsprojekt, das von der Stadt Fulda finanziell unterstützt werde. Er ruft die Fuldaer auf für das Projekt zu werben: „Bitte erzählen Sie weiter, dass es möglich ist, sich hier zu bewerben. Es gibt doch eigentlich keinen schöneren Ort, um in Fulda zu leben.“ Die Gartenhäuser seien laut Wingenfeld eine echte Gemeinschaftsleistung, das von der Stadt Fulda finanziell unterstützt werde.Die Stadt Fulda engagiert sich im Bereich des bezahlbaren Mietwohnungsbau und fördert Haushalte mit geringem und seit kurzem auch Haushalte mit mittlerem Einkommen. Wohnungen dieser Art stehen Personen zur Verfügung, welche aufgrund ihres Haushaltseinkommens einen Wohnberechtigungsschein erhalten. Die Gartenhäuser sind eines der ersten Bauvorhaben mit Wohnheiten für mittleres Einkommen.

Neue Wohnform vereint Anspruch auf Selbstbestimmung mit sozialer Eingebundenheit

16 der 29 neuen Wohnungen sind für Menschen mit Behinderungen vorgesehen. Die Gartenhauswohnungen ergänzen das Wohnangebot für diese Zielgruppe. Die meisten Menschen mit Behinderungen ziehen mit dem Erwachsenwerden in eine Wohngemeinschaft. Die organisatorischen Zwänge innerhalb einer Wohngemeinschaft schränken die Selbstbestimmung der Bewohnerinnen und Bewohner aber häufig ein. Die einzige Alternative dazu stellt bisher das Betreute Wohnen dar. Menschen mit Behinderungen leben bei dieser Wohnform in einer eigenen Wohnung in Stadt und Landkreis und erhalten regelmäßig Unterstützung von einem Assistenzdienst. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch diese Wohnform nicht für alle Menschen mit kognitiven Einschränkungen geeignet ist. „Wir haben erlebt, dass vielen Menschen die soziale Eingebundenheit fehlt“, sagt Michaela Lengsfeld (Mitglied im Führungsteam von antonius). Die neue Nachbarschaft, die auf diese Herausforderungen nicht eingestellt ist, könne dies nicht kompensieren. Die Gartenhauswohnungen schließen eine Angebotslücke: „Hier verbinden sich der Anspruch auf Selbstbestimmung und der Wunsch nach sozialer Eingebundenheit auf natürliche Weise“, so Lengsfeld weiter. Professionelle Hilfen sollen nur da greifen, wo es ohne nicht geht.

Ein Lebensangebot, das über ein Wohnangebot hinaus geht

Die Wohnungen werden subventioniert, indem sich Mieterinnen und Mieter finanziell bei den Mietkosten unterstützen. Doch der solidarische Ansatz des Projekts beschränkt sich nicht nur auf den finanziellen Aspekt. „Das Wichtigste ist, dass jeder Bewohner bereit ist, mit den anderen mitzuleben, sonst funktioniert es nicht“, sagt Razaq Ariari, der seit 2015 im ersten Gartenhaus wohnt „Man muss von Anfang an füreinander da sein. Jeder hat seine Ecke, in die er sich zurückziehen kann, aber man bekommt auch Hilfe, wenn man fragt“. Eingebettet in das antonius Quartier werden die Mieterinnen und Mieter Teil einer bunten und lebendigen Nachbarschaft, deren Zusammenleben einem Ideal folgt, das sich bei antonius in langen Jahren des gelebten Miteinanders entwickelt hat. antonius bildet mit seiner Haltung, die auf einem christlich-humanistischem Weltbild gründet und einen Schwerpunkt auf Geborgenheit in der Gemeinschaft und das Miteinander in allen Lebensphasen legt, einen Gegenentwurf zu individualistischen und konsumorientierten Tendenzen der modernen Gesellschaft.

Weitere Informationen zu den Gartenhäusern:

Die vier Gartenhäusern sind voraussichtlich 2025 bezugsfertig und bieten insgesamt 29 Wohnungen. Hinzu kommen 9 Wohnungen des ersten Gartenhauses, das bereits 2015 fertig gestellt worden war. Die Wohnungen in den Gartenhäusern sind hell und großzügig geschnitten, weisen eine Wohnfläche zwischen 45 und 100 Quadratmetern auf, sind modern ausgestattet, barrierefrei und teilweise rollstuhlgerecht. Sie eignen sich für Singles ebenso für Paare oder Familien, für Jung ebenso wie für Alt. Auch für Mitarbeitende von antonius sind einige der Wohnungen reserviert.

Kontakt:

Interessierte können sich an Michaela Lengsfeld (0661 1097-271, m.lengsfeld@antonius) oder an Johanna Haase (0661 1097-203, kontakt@projekt-gartenhaus.de) wenden.

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