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Frauen und ihre Verdienste sichtbar machen

von Christine Reith

Frauen machen die Hälfte der Bevölkerung aus. Doch in Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft bleiben sie und ihr Engagement oft unsichtbar. Das 6. Klostergespräch am Frauenberg wollte das – zumindest einen Abend lang – ändern und hat inspirierende Frauenpersönlichkeiten vorgestellt.

Ob laut oder leise, im Kleinen oder Großen, vor Jahrhunderten oder heute: Immer wieder sind es Fuldaer Frauen, die ihre Stimme für Gerechtigkeit, Toleranz und Vielfalt erheben. Um diese Stimmen sichtbar zu machen, haben die Franziskaner und der Förderverein „Freunde des Frauenbergs“ am Mittwoch, 5. November 2025, zu einem Klostergespräch eingeladen. Motto des Abends war „Frauenpower am Frauenberg: Wie mutige Frauen Zukunft gestalten“.

Moderatorin Sabine Steinbeck gelang es von Beginn an, eine vertrauliche, offene und wohlwollende Atmosphäre unter den rund hundert Gästen – überwiegend Frauen – zu erzeugen. Gastgeber Pater Cornelius erinnerte zur Eröffnung daran, dass schon der Ort selbst Programm sei: Der Frauenberg verdanke seinen Namen der Klosterkirche, die Maria von Nazareth geweiht ist – der Mutter Jesu und einer „besonderen Frau mit Power“.

Fünf Frauen aus Fulda berichteten anschließend in kurzen Impulsen über ihre Lebenswege, Erfahrungen und Anliegen zu den vielfältigsten Frauenthemen.

„Ohne Maria Rang gäbe es antonius nicht“

Silke Gabrowitsch, Mitglied im Führungsteam von antonius, widmete ihren Beitrag Maria Rang (1840–1915), der „Pionierin der Inklusion“. In einer Zeit, in der Frauen kaum Rechte hatten, habe Maria Rang mit Mut und Mitmenschlichkeit den Grundstein für antonius gelegt und soziale Projekte begründet, die bis heute wirken. „Ihr gelang gesellschaftlicher Wandel nicht durch Machtdominanz und Lautstärke, sondern leise – durch Handeln“, würdigte Silke Gabrowitsch die antonius-Gründerin.

Krankheitsbedingt fielen die Impulsvorträge der Vinzentiner-Schwester Dominika und der Stadtverordneten Jutta Hamberger aus. Für die Politik sprachen spontan Annette Fladung und Frauke Goldbach. Grünen-Mitglied Annette Fladung sitzt seit 2006 im – stark männlich geprägten – Fuldaer Kreistag. Ihr Anliegen ist es, Frauen fraktionsübergreifend zu verbinden, um Themen wie Bildung, Gerechtigkeit und Frieden voranzubringen.

Die mit 19 Jahren jüngste Speakerin Frauke Goldbach engagiert sich bei den Grünen, dem Weißen Ring sowie der Feministischen Initiative und hat gerade das Kollektiv Feminista mitgegründet. „Frauen machen Zukunft, sie müssen sich aber immer wieder aktiv sichtbar machen – bei Demos, durch Netzwerke oder Abende wie diesen“, sagte die junge Aktivistin.

Stimme für Demokratie und Menschenwürde

Ähnlich beschrieb es Alja Epp-Naliwaiko von der Initiative „Omas gegen Rechts“, mit 40.000 Akteurinnen eine der derzeit größten Frauenbewegungen Deutschlands. Früher im Kreistag hätte sie laut anreden müssen gegen die „Wand aus Männern“. Doch auch heute noch, mit über 75 Jahren, mache sie sich stark für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen Rechtsextremismus. Ihr Credo „Menschen sind nicht gleich, sondern gleichwertig“ schlug den Bogen zu Maria Rang und antonius, aber auch anderen „Frauenorten“ in Fulda wie der Marienschule oder Loheland, wo junge Mädchen und Frauen schon immer gefördert wurden. „Wir haben lange genug für Frauenrechte gekämpft, wir lassen sie uns nicht mehr wegnehmen“, lautete Alja Epp-Naliwaikos Schluss-Statement.

Zehnte „Blaue Bank“ wird antonius-Gründerin Maria Rang gewidmet

Gudrun Jonas vom „Soroptimist International Club Fulda“ stellte das Projekt „Blaue Bänke“ vor. Dabei erinnern öffentliche Sitzbänke an engagierte Fuldaer Frauen, die maßgeblichen Einfluss auf die Stadt und die Gesellschaft nahmen – darunter die Heilige Lioba, die Landgräfin Anna von Hessen oder die Frauenrechtlerin Erna Hosemann. Die Bänke machen weibliches Engagement im öffentlichen Raum sichtbar. Im kommenden Jahr – verkündete Club-Präsidentin Eva-Maria Helfrich feierlich – werde es eine zehnte Blaue Bank geben. Gewidmet wird sie einer Frau, deren Name an diesem Abend oft gefallen ist: Maria Rang.

Pater Cornelius beendete das 6. Frauenberger Klostergespräch mit einer symbolträchtigen Anekdote: Als das Kloster Frauenberg während des Kulturkampfes 1875 schließen musste, rettete antonius-Gründerin Maria Rang ein Holzkreuz „unter ihrem Mantel“ vor der Polizei. Als sie das Kleinod 1879 wieder ins Kloster zurückbrachte, war es allerdings nicht sie selbst, die das Kruzifix auf den Altar stellte, sondern – ihr Ehemann. Die Frauen und ihre Verdienste sichtbar zu machen, ist an diesem Abend wahrlich gelungen.


Fotos: Ralph Leupolt

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