Jubiläum 25 Jahre Perspektiva

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Fulda feiert 25 Jahre Perspektiva

von Alexander Gies und Christine Reith

Überall fehlen Fachkräfte. Zugleich scheitern viele junge Menschen am Berufseinstieg. Genau an diesem wunden Punkt setzt Perspektiva an – ein Zusammenschluss von 125 Unternehmen aus der Region Fulda. Das erfolgreiche und bundesweit einmalige Projekt hat am Dienstag, 10. September 2024, sein 25-jähriges Bestehen gefeiert.

Der Festakt „25 Jahre Perspektiva“ fand – natürlich – auf dem Theresienhof statt. Und weil ein Anliegen des Netzwerks die persönlichen Beziehungen sind, wollten die meisten Partnerinnen und Partner auch persönlich dabei sein. Der große Innenhof des Perspektiva-Sitzes jedenfalls war rasch gefüllt und mehrere Hundert Gäste waren zum Gratulieren, Feiern und Netzwerken gekommen. „Ein beeindruckendes Bild“, wie Perspektiva-Geschäftsführer Jan Martin Schwarz bemerkte.

Und die Gäste kamen mit Gepäck: Vor dem Jubiläumsfest hatten die Gesellschafterinnen und Gesellschafter des Unternehmernetzwerks Holzbausteine erhalten, die sie individuell gestalten und dann gemeinsam zu einem bunten Kunstwerk in Form eines Tores zusammensetzen konnten – als Symbol für die Stabilität und Vielfalt des Netzwerks sowie für die Öffnung des Arbeitsmarktes.

Partnerschaften über Konkurrenzgrenzen hinweg
Welche Bausteine es in der Vergangenheit und auch in Zukunft für den Erfolg des Netzwerks braucht, beleuchtete Perspektiva-Geschäftsführer Jan Martin Schwarz bei seiner Rede zur Eröffnung der Feier. „Dass Perspektiva heute so gut aufgestellt ist, verdanken wir dem gemeinsamen Engagement der Leistungsträger, der Jugendlichen, des Teams von Perspektiva, des Netzwerks antonius und natürlich – allen voran – der Unternehmen“, sagte Jan Martin Schwarz. „Das Besondere: Während die Firmen auf dem Markt Wettbewerber sind, sind sie im Netzwerk enge Partner mit dem Ziel, jungen Menschen eine Chance zu geben. Das halte ich für erstaunlich.“

Sicherung von Fachkräften in der Region
Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gratulierte mit einer Videobotschaft, in der er das Engagement von Perspektiva „bemerkenswert“ nannte: „Das Netzwerk hat nicht nur vielen Jugendlichen eine gute Zukunft verschafft, auch die Betriebe haben profitiert von treuen, verlässlichen Beschäftigten, was zur Sicherung von Fachkräften in der Region beiträgt. Und ich bin sicher, dass Perspektiva auch für das gesellschaftliche Miteinander in Fulda und Umgebung wertvoll ist.“

Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Landrat Bernd Woide und Mark Weinmeister, Regierungspräsident des Regierungsbezirks Kassel, betraten gemeinsam die Bühne, um vier Jugendlichen von Perspektiva zusammen mit ihren Chefs neue Arbeitsverträge zu überreichen. Eine schöne Wertschätzung für die bewiesene Willenskraft und den Mut, sich den eigenen Grenzen zu stellen. „Wenn man Perspektiva nicht schon vor 25 Jahren erfunden hätte, dann müssten wir es heute tun – denn Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten wirkt so viel nachhaltiger, als bloße Maßnahmen umzusetzen“, kommentierte Bernd Woide.

„Bestes Beispiel für ehrbare Kaufleute“

IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Konow hob in seinen Grußworten hervor – die er auch im Namen der Kreishandwerkerschaft und dem anwesenden Kreishandwerksmeister Thorsten Krämer formulierte –, dass die Wirtschaft dringend auf Projekte wie Perspektiva angewiesen sei: „Auf einen jungen Menschen kommen aktuell drei Ausbildungsstellen. Wir können es uns gar nicht mehr leisten, dieses Potential ungenutzt zu lassen.“ Zugleich dankte er den Gesellschafterunternehmen für ihren sozialen Einsatz und nannte sie „das beste Beispiel für ehrbare Kaufleute“.

Katharina Dallal von Aktion Mensch lobte die Vorreiterrolle von Perspektiva in ganz Deutschland: „Wer sich mit Sozialarbeit auskennt, der weiß: Hinter der reinen Zahl von 1.000 Jugendlichen, die Perspektiva bereits in Arbeit gebracht hat, stehen 1.000 einzelne Menschen mit ihren ganz persönlichen Geschichten, Stärken und Herausforderungen – daher finde ich die Zahl absolut bemerkenswert. Es freut uns, zu sehen, wie unsere Fördergelder hier sinnvoll eingebracht werden. Von Perspektiva können wir alle viel lernen.“

Perspektiva als Ergebnis vielfältiger Netzwerkarbeit

Warum der Erfolg von Perspektiva ein Ergebnis der Zusammenarbeit von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren ist, verdeutlichte eine Aktion zum Abschluss der festlichen Feier: Rainer Sippel, der Beiratsvorsitzende von Perspektiva, lud Vertreterinnen und Vertreter von verschiedenen Gruppen dazu ein, ein Puzzle zu vervollständigen. Schwester Birgit Bohn, Generaloberin der Barmherzigen Schwestern, platzierte das erste Puzzleteil. Die Schwestern haben den Theresienhof an Perspektiva verpachtet und früher dort in der Landwirtschaft mitgearbeitet.

Als Vertreter der Jugendlichen war Patrick Schmidt aus Dittlofrod gekommen, der berichtete, es habe in seinem Leben zunächst nicht immer alles gepasst. Da war Alex Basistow von der Firma Abas Werkzeug- und Formenbau aus Fulda, die erst am Vorabend der Feier als 125. Gesellschafter aufgenommen worden war. Seinem Unternehmen sei es wichtig, sich auch gesellschaftlich einzubringen, betonte Basistow. Marion van Cuylenburg, Leiterin des Staatlichen Schulamtes, lobt die gute Zusammenarbeit von Schule und Perspektiva am Übergang in die Ausbildung. Landrat Bernd Woide stand stellvertretend für das Kuratorium und damit für die Verbindung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit Perspektiva.

„Es muss in Fulda zum guten Ton gehören, Gesellschafter bei Perspektiva zu sein“
Reiner Kottusch von der Agentur für Arbeit in Fulda vertrat die Kooperationspartner auf der Bühne – und verkörperte exemplarisch einen besonders langjährigen Partner. Denn Reiner Kottusch begleitet Perspektiva von Anfang an mit viel Fachwissen und Unterstützung. Michael Wißler gab als Beiratsmitglied das Ziel aus, zum 50. Jubiläum sollten es dann 250 Gesellschafter sein. Denn früher wie heute gelte die Maxime, es müsse in Fulda zum guten Ton gehören, als Unternehmer Gesellschafter bei Perspektiva zu sein. Jennifer Sieger und Julius Zeidler vervollständigten schließlich ein Puzzleteil in ihrer Rolle als Mitarbeitende von Perspektiva und Startbahn.

Kathrin Müller, Prokuristin bei Perpektiva und Leiterin der Startbahn, lobte die „tolle Zusammenarbeit“ der verschiedenen Akteurinnen und Akteure zum Wohle der Jugendlichen. In der benachbarten Scheune konnten die Teilnehmer des Festes nicht nur eine Stellenbörse auf der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden durchforsten, sondern auch eine Fotoausstellung auf sich wirken lassen, die der Fuldaer Fotograf Johannes Ruppel in Zusammenarbeit mit Perspektiva-Jugendlichen auf die Beine gestellt hatte. Die beeindruckenden Naturfotografien zum Thema „Entwicklung“ hatten die Jugendlichen selbst angefertigt. Die Ergebnisse sind auch in einem Jahreskalender zusammengefasst worden. Eine interaktive Landkarte auf einem großen Bildschirm zeigte alle Perspektiva-Gesellschafter, die quer durch den ganzen Landkreis verteilt sind.

Kooperationen gab es auch auf kulinarischem Gebiet: So stand Carolin Zuspann hinterm Grill, um zusammen mit dem Partyservice Müller aus Eichenzell leckere Burger zuzubereiten. Die Bäckerei Pappert hatte Gebäck gestiftet, während die Brauerei Hochstift sich eine besondere Aktion ausgedacht hatte: Sie hatte ein Jubiläumsbier der Frauenberger Frohnatur aufgelegt, das gegen eine Spende kistenweise abgegeben wurde. Christian Brand vom benachbarten Biergarten am Theresienhof buk Flammkuchen. Vom Hanneheinhof von Christian Jestädt kam die Weinschorle.

Perspektiva – Fördergemeinschaft Theresienhof für Arbeit und Leben

Perspektiva ist ein Netzwerk aus aktuell 125 Gesellschafterinnen und Gesellschaftern sowie weiteren 25 unterstützenden Fuldaer Unternehmen zur Förderung von jungen Menschen, die es nicht eigenständig in Arbeit schaffen – etwa wegen einer Behinderung, einem Fluchthintergrund oder anderer Hemmnisse. Mit Erfolg: Bis zu 50 Jugendliche begleitet Perspektiva pro Jahr, mehr als 1.000 junge Menschen schafften es bereits in Ausbildung oder Arbeit. 40 Jugendliche haben seit 2013 ihren Hauptschulabschluss bei Perspektiva gemacht. Das Netzwerk ist vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2023 mit dem Hessischen Sozialpreis.


Fotos: Steffen Waßmann

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