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Jeder kann sinnvolle Arbeit finden
Von Bastian Ludwig
Jeder Mensch kann etwas. Manchmal müssen nur die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit jemand sein Potenzial entfalten kann. Das ist die Grundüberzeugung, die hinter er:wachsen, einem Förderprojekt der St. Antonius-Stiftung steht. „Sinnstiftende Arbeit ist für jeden Menschen wichtig“, erklärt Lioba Wingenfeld, stellvertretende Vorsitzende der Stiftung. „Mit er:wachsen wollen wir auch Menschen mit besonders hohem Assistenzbedarf dabei unterstützen, eine solche Arbeit zu finden.“
Deswegen unterstützt die Förderstiftung von antonius : gemeinsam Mensch den Aufbau von speziell auf diesen Personenkreis zugeschnittenen Arbeitsplätzen. „Wir wollen Arbeitsstellen für Menschen schaffen, die man bisher vielleicht nicht unmittelbar mit sinnvoller und wertschöpfender Arbeit in Verbindung gebracht hat.“
Das ideale Arbeitsfeld: der sogenannte grüne Bereich
Der Bereich, in dem diese Arbeitsstellen entstehen, ist der Gartenbau. Dieses Arbeitsfeld eignet sich besonders gut für die Förderung von Menschen mit Behinderungen, wie Martha Nuhn, Geschäftsführerin der antonius : gemeinsam wachsen gGmbH, die bei antonius für die Bereiche Gartenbau und Landwirtschaft zuständig ist, erklärt. „Der Gartenbau ist ein sehr praktisch orientiertes Arbeitsfeld. Viele der notwendigen Tätigkeiten vom Säen über die Pflanzenpflege und -ernte bis hin zur Weiterverarbeitung der Ernte lassen sich in viele kleine Arbeitsschritte aufteilen, die auch von Menschen mit großem Assistenzbedarf gut erledigt werden können. So kann jeder nach seinen individuellen Fähigkeiten mitarbeiten.“
„Entscheidend dabei ist“, ergänzt Lioba Wingenfeld, „dass jeder der jungen Menschen genau die Unterstützung erhält, die er braucht.“
Enrico Hain ist ein gutes Beispiel dafür. Im Sommer 2022 beendet er seine Schullaufbahn an der Pestalozzi-Schule in Fulda. Während seiner Schulzeit hatte er in der Gärtnerei von antonius bereits Praxistage absolviert, im August 2022 trat er dort dann seine erste Arbeitsstelle an. Derzeit besteht seine Aufgabe im Team der Gemüseverarbeitung darin, Etiketten zu drucken, die dann auf Apfelchips, eingeschweißte Rote Bete oder getrocknete Tomaten geklebt werden. Den Drucker bedient er mit einer speziellen, besonders großen Taste, die er mit seinem Kinn gut drücken kann. Da der junge Mann nicht den ganzen Tag in seinem Rollstuhl verbringen möchte, liegt er oft auf einer großen Matte am Boden. Um die Kommunikation mit seinen Kollegen zu erleichtern, werden Bildtafeln genutzt, auf die er mit dem Fuß zeigen kann, um seine Gedanken zum Ausdruck zu bringen.
Passgenaue Angebote
Ein Drucker mit spezieller Taste, Sitzmatten, Kommunikationstafeln: Der Arbeitsplatz von Enrico Hain ist, so wie Lioba Wingenfeld es beschrieben hat, ganz genau auf seine Fähigkeiten und Bedürfnisse abgestimmt.
„Enrico ist ganz selbstverständlich ein Teil des Gärtnereiteams“, beschreibt Martha Nuhn den Arbeitsalltag des jungen Manns. „Die Arbeit, die er leistet, ist nicht etwa eine Beschäftigungsmaßnahme, sondern ein entscheidender Teil im Verarbeitungsprozess unserer Erzeugnisse vom Feld bis zum Kunden.“
Enrico Hain ist ein erfolgreiches Beispiel für das, was das Projekt er:wachsen erreichen soll. Bisher steht diese Idee aber noch ganz am Anfang. In den nächsten Jahren soll im Fuldaer Stadtteil Haimbach ein Gewächshaus entstehen, das sowohl baulich als aus personell darauf abgestimmt ist, möglichst vielen jungen Menschen mit besonders hohem Assistenzbedarf Arbeitsplätze anzubieten.
Da jeder der zukünftigen Mitarbeiter anders ist, kann es dafür keine Lösungen von der Stange geben. Spezielle Arbeitsmaterialien müssen angeschafft und Räumlichkeiten angepasst werden, vielleicht braucht es auch Utensilien, um das Miteinander mit den Kollegen zu ermöglichen. „Wir freuen uns über jede Unterstützung für dieses Vorhaben, bei dem wir antonius in den nächsten Jahren begleiten werden“, so Lioba Wingenfeld. „Wir nennen unsere Spender auch immer gerne Chancengeber, denn diese Beschreibung stimmt einfach: Ein Projekt wie er:wachsen eröffnet jungen Menschen Chancen, die sie sonst vielleicht nie bekommen würden. Und Erfolgsgeschichten wie die von Enrico Hain zeigen immer wieder, wie sehr sich das lohnt.“