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Rogg-Palast: Inklusives Wohnen im Herzen von Neuhof

von Annika Buchspies

Die Bauarbeiten haben begonnen: Die ehemalige Backstube an der Niederkalbacher Straße im Ortskern von Neuhof wird zum Rogg-Palast. Einem Wohnprojekt, das an die erfolgreiche Arbeit des Vereins „Leben und Arbeiten in Neuhof“ anknüpft und zeigt, wie gemeinschaftliches Wohnen von Menschen mit und ohne Behinderungen in seiner besten Form aussehen kann: selbstbestimmt, frei und gemeinschaftlich.

Fachlich begleitet von der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch und durch die finanzielle und ideelle Unterstützung der Bäckerei Happ entstehen auf zwei Etagen rollstuhlgeeigneter Wohnraum für insgesamt 15 Menschen, davon acht für Menschen mit Behinderungen. Voraussichtlich Ende des Jahres können die ersten Bewohnerinnen und Bewohner die neuen Wohnungen beziehen.

Auf Initiative von antonius hat sich im August 2018 der Verein „Leben und Arbeiten in Neuhof“  gegründet. Seitdem engagiert sich dieser gemeinsam mit antonius und der Gemeinde Neuhof dafür, dass Menschen mit Behinderungen hier nicht nur wohnen können, sondern Teil der Dorfgemeinschaft werden. Inzwischen hat der Verein bereits 124 Mitglieder, im „Alten evangelischen Pfarrhaus“ leben nach umfassendem Umbau vier Menschen in Einzelapartments, und regelmäßige Veranstaltungen laden zu Begegnungen ein. Ein weiterer Meilenstein von Leben und Arbeiten ist der Rogg-Palast. „Die Idee hinter Leben und Arbeiten trifft in Neuhof auf fruchtbaren Boden“, sagt Neuhofs Bürgermeister Heiko Stolz, „Es freut mich sehr, dass der Verein stetig weiter wächst, sich so viele Bürger engagieren und damit ein Modellprojekt der Begegnung und Inspiration für alle ins Leben gerufen wird.“  

Das inklusive Wohnkonzept hinter dem Rogg-Palast ist das Ergebnis eines partizipativen Prozesses, der im November 2023 mit einer großen Infoveranstaltung im Gemeindezentrum Neuhof gestartet ist. In insgesamt sechs Workshops formte eine vielfältige Gruppe interessierter Menschen aus Neuhof und Umgebung unter der fachlichen Leitung von antonius ihre Ideen, Wünsche und Visionen zu einem inklusiven Wohnkonzept. Organisiert wurden die Workshops unter anderem von Benedikt Bein, Inklusionsnetzwerker von antonius: „Gemeinsam haben wir uns auf den Weg gemacht, um von einer groben Vorstellung, wie ein inklusives Wohnprojekt hier vor Ort aussehen könnte, hin zu einem konkreten Konzept zu kommen, welches Menschen begeistert und für sie ein zukünftiges Zuhause darstellt.“ Familie Hofmann ist von Anfang an dabei. Im Laufe des Prozesses haben sie festgestellt, welche Chancen das Wohnkonzept auch ihnen bietet. Gemeinsam mit ihren Eltern hat Kira Hofmann entschieden, dass sie selbst in den Rogg-Palast ziehen möchte. Am meisten freue sie sich auf die nächsten Treffen mit ihren Mitbewohnern.

Inklusives Wohnen bedeutet, dass Menschen mit und ohne Behinderungen in einer Wohngemeinschaft leben. Räume wie die Küche, Wohnzimmer oder die Terrasse werden zusammen genutzt. Und das ist im Rogg-Palast nicht anders. „Geteilt wird aber nicht nur die WG, sondern auch die Verantwortung füreinander“, sagt Sebastian Bönisch, Mitglied der Geschäftsführung von antonius, „jeder der zukünftigen Bewohner sollte Spaß an Gemeinschaft haben und bereit sein, sich einzubringen. Von dem aktiven Miteinander  profitieren und lernen alle – selbstbestimmt und partizipativ. Das macht den Rogg-Palast zu mehr als einem reinen Wohnhaus.“ Mit seinen über 120 Jahren Praxiserfahrung fungiert antonius als Kompetenzzentrum und übernimmt die fachliche Leitung des Projekts.

Mit der ehemaligen Backstube im Ortskern hat das Konzept einen Ort gefunden. Die Immobilie gehört den Neuhöfer Unternehmern Christoph und Michael Happ, die sie nach umfassender Renovierung dem Projekt zur Verfügung stellen werden. „Unsere Familie hat eine lange Verbindung zu dem Haus. Unser Opa hat hier schon seine Bäckerlehre gemacht“, sagt Christoph Happ. „Umso mehr freut es uns, dass wir als Investor dazu beitragen können, dass in diesem Haus ein modernes, inklusives Zusammenleben entstehen kann, wovon nicht nur die Bewohner, sondern die ganze Gemeinde profitieren können“, so Happ weiter. Gefördert wird das Projekt außerdem vom Land Hessen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus und Aktion Mensch, die den Entstehunsprozess finanziell unterstützt habt. Im Rahmen des sechsten und letzten Workshops präsentierte Christoph Happ den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Baupläne und den neuen Name des Hauses. Der Laden der Bäckerei Happ im Erdgeschoss bleibt erhalten und wird während der Bauphase durch einen Wagen ersetzt. Außerdem ist im Erdgeschoss des zweistöckigen Gebäudes eine 7er-WG geplant. Jeder Mieter hat ein eigenes Zimmer mit Bad. Die großzügig geplante Küche und das Wohnzimmer nutzen die Bewohner gemeinsam. In den oberen beiden Etagen befinden sich Einzel-, Zweier- und Familienwohnungen, sodass das Haus Platz für rund 20 Menschen bietet.  Bewerbungen sind aktuell noch möglich. Wer offen für eine innovative Wohnform ist, Lust auf Gemeinschaft hat und bereit ist, sich einzubringen, der kann sich an den Verein Leben und Arbeiten in Neuhof wenden. Alle aktuellen Informationen gibt es unter www.leben-arbeiten-neuhof.de.

Fotos: Ralph Leupold und Annika Buchspies

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