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Viel Raum für Selbstbestimmung – mit nordischem Klinker
von Christine Reith
Selbst der Regen meinte es gut mit der antonius Gemeinschaft – und hat sich bei der Übergabe von Haus Luise am Dienstag, 21. Mai 2024, zurückgehalten bis zum letzten offiziell gesprochenen Wort.
Rainer Sippel eröffnete die Feier auf dem Vorplatz von Haus Luise und begrüßte die Mieterinnen und Mieter, ihre Angehörigen, das Team sowie die Ehrengäste und vielen Nachbarn und Freunde des Hauses. Schon die Vorstellungsrunde der 17 Bewohnerinnen und Bewohner machte deutlich, was das Ziel von Haus Luise ist: den Menschen noch mehr Selbstbestimmung, Freiheit, Sicherheit und Teilhabe zu ermöglichen – durch die zentrale Lage, die gleichzeitige Anbindung an antonius, die verschiedenen Wohnformen und die Unterstützung durch ein Team aus festen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden.
Ergebnis bürgerschaftlichen Engagements
Möglich gemacht hat Haus Luise die Greve-Guppe aus Hamburg. Die Eigentümerin, die „Dr. Helmut und Hannelore Greve Stiftung für Wissenschaft und Kultur“, hat das Gebäude für rund drei Millionen Euro durch die Dr. Helmut Greve Bau- und Boden-Aktiengesellschaft bauen lassen und vermietet das Haus nun für mehrere Jahrzehnte an antonius.
Dr. Ralph Knist, Vorstandsmitglied der Dr. Helmut Greve Bau- und Boden-AG, blickte bei der Übergabe zurück auf die dreieinhalb – wegen der Pandemie nicht immer einfachen – Jahre von der ersten Idee bis zur Umsetzung des Gebäudes, das ein Ergebnis bürgerschaftlichen Engagements der engen Partner Greve und antonius sei und über dessen Optik in „norddeutschem Klinker“ er sich als Hamburger besonders freue.
Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, der in exakt sechs Minuten „unter Einhaltung aller Verkehrsregeln“ mit dem Rad aus der Stadt zur Feier gekommen war, hob vor allem die gute Verkehrsanbindung von Haus Luise hervor ebenso wie den Einsatz der Greve-Familie und das besondere Konzept. Als Geschenk überreichte er einen großen Grill für viele gemeinschaftliche Stunden. Gerhard Möller, Vorsitzender der St. Antonius-Stiftung, wünschte der Gemeinschaft mit den Worten von Pfarrer Friedrich Dietz ein „Zuhause mit viel Geborgenheit als Ort der persönlichen Entfaltung“.
Lina Birkenbach und Felix Otto, die Haus Luise leiten, erzählten von den ersten Monaten seit dem Einzug der ersten Bewohnerinnen und Bewohner Mitte Januar 2024. Zusammen mit den Bewohnerinnen Tanja Czarnomski und Paula Stärker und Bewohner Noah Sigmund erklärten sie, was es mit dem Motto „mutig, selbstständig, gemeinsam“ auf sich hat. Dass es Mut und Selbstvertrauen brauche, um hier alleine zu wohnen. Dass man in Haus Luise selbstbestimmt leben könne – zugleich auch jederzeit Hilfe und Unterstützung bekäme. Und dass Haus Luise eine starke Hausgemeinschaft sei, in der jede und jeder sich einbringe, zugleich aber auch Privatsphäre in den eigenen vier Wänden habe.
Es kommt auf jeden einzelnen Menschen an
Besonders berührend war das Gebet, mit dem Seelsorger Pater Thomas von den Franziskanern die Hausgemeinschaft segnete, und in dem er jeden Menschen des Hauses – ob Bewohnerin und Bewohner, Mitarbeitende oder Ehrenämtler – persönlich mit Namen ansprach und jeder und jedem einen kleinen Mut-mach-Satz mit auf den Weg gab. „Die Qualität eines Hauses, einer Nachbarschaft, einer Stadt hängt von den Menschen ab. Der einzelne Mensch macht den Unterschied. Johannes, du gehst deinen Weg. Johanna, du bist nicht allein, Noah, du traust dich.“
Gemeinsam wurde zum Abschluss der offiziellen Übergabe symbolisch ein rotes Band durchschnitten, und anschließend gab es Kaffee und Kuchen, die die Hausgemeinschaft und Angehörige selbst gebacken hatten.
Infos zum Haus
Haus Luise ist ein freistehendes Wohnhaus in der Haimbacher Straße 28 in Fulda mit rund 1110 Quadratmetern Fläche zum Leben und Lernen für insgesamt 17 Bewohnerinnen und Bewohner. Die Wohngemeinschaft besteht aus 11 Einzelzimmern inklusive eigenem barrierefreien Bad sowie einer Gemeinschaftsküche, einem offenen Wohn-Ess-Bereich, einem zusätzlichen Pflegebad und einem Hauswirtschaftsraum. Zudem stehen fünf separate Einzel-Apartments und ein Doppel-Apartment für das Betreute Wohnen je mit Küche, Abstellraum und Bad zur Verfügung. Das Grundstück wurde seit den 1960er von antonius genutzt (Kinder-WG Michael, später Kinderhaus, Antonius-von-Padua-Schule, WG Josef, pädagogische Tagesgruppe) und konnte an die Greve-Gruppe verkauft werden, die hier zwischen November 2022 und Dezember 2023 den Neubau errichtet hat. Bauunternehmer war die GOLDBECK Nord GmbH aus Kassel.
Statement von Bewohner Steffen Naber
(32 Jahre, Mitarbeiter in der Hauswirtschaft bei antonius)
„An Haus Luise mag ich besonders meine Mitbewohner und Freunde, mit denen ich meinen Alltag verbringe. In meiner früheren WG hatte ich ein Doppelzimmer und musste mir auch das Bad teilen. Das ist jetzt anders: Ich habe mein eigenes WG-Zimmer und kann es so gestalten, wie ich möchte. Auch kann ich länger fernsehen und Musik hören, ohne dass ich andere störe. Ich kann jederzeit die Gemeinschaft mit meinen Mitbewohnern genießen oder mich zurückziehen und meine Ruhe haben. Ich entscheide selbst, wann ich etwas mit anderen unternehmen möchte und wann ich für mich sein will. Das ging früher nicht so. Am Anfang war es etwas Neues für mich, alleine im Zimmer zu schlafen, aber daran habe ich mich schnell gewöhnt. Die ersten Monate waren sehr aufregend, weil ich immer wieder neue Mitarbeiter und Mitbewohner kennengelernt habe und viel passiert ist, zum Beispiel das Fest zur Segnung von unserem Haus oder der Tag der offenen Tür. Wir haben viel Besuch von Familie und Freunden bekommen und auch aus dem Netzwerk waren viele Menschen bei uns. Letzte Woche konnte ich mit einer Mitarbeiterin in den Zirkus fahren, das hat mich sehr gefreut. In Zukunft möchte ich weiter mit den Menschen leben, die ich schon gut und lange kenne und mit denen ich mich verstehe.“