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Wenn Technik „Behinderungen“ ausgleicht

von Christine Reith

In den Werkstätten von antonius laufen die Vorbereitungen auf die Adventszeit mit Hochdruck. Mitten im Trubel geht Dominik Berkowski konzentriert seiner Arbeit nach: Der 30-Jährige stellt weihnachtliche Holzanhänger mit Fuldaer Motiven her, die Teil des Heimatliebe-Adventskalenders der Fuldaer Zeitung sind. Eine sinnstiftende Aufgabe, die exakt an seine Fertigkeiten angepasst ist und ihm ermöglicht, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten.

Der Laser im antonius GestaltenWerk, zu dem eine Töpferei und eine Schreinerei gehören, läuft das ganze Jahr. Mit der Maschine, die ähnlich einer CNC-Anlage arbeitet, können die verschiedensten Materialien wie Keramik, Holz, Glas oder Kunststoff nach digitalen Vorlagen beschnitten oder beschriftet werden. Jetzt in der Vorweihnachtszeit kommt der Laser besonders häufig zum Einsatz: GestaltenWerk-Mitarbeiter Dominik Berkowski und seine Assistenz Michelle Vogt stellen hier in inklusiver Teamarbeit Weihnachtsdekoration her, darunter kleine runde Holzanhänger mit Fuldaer Sehenswürdigkeiten wie dem Dom oder dem Kloster Frauenberg.

Dominik Berkowski hat eine Lernbeeinträchtigung, sitzt im Rollstuhl und das feinmotorische Greifen fällt ihm schwer. Seinen Arbeitsplatz am Laser hat antonius so eingerichtet, dass der junge Mann hier eigenständig arbeiten und selbst ein vollständiges Werkstück herstellen kann. Die Arbeitsschritte gehen ihm routiniert von der Hand: eine kleine Sperrholzplatte einlegen, genau in einer Ecke positionieren, Maschinendeckel schließen, Startknopf drücken, nach dem Piepsen Deckel wieder öffnen, den ausgeschnittenen Anhänger entnehmen und den Holzverschnitt entsorgen. Dass alles so gut läuft, liegt auch daran, dass die Umgebung immer wieder an Dominik Berkowskis Fähigkeiten angepasst wurde. Auf den zu kleinen Startknopf zum Beispiel hat Assistentin Michelle Vogt eine Verstärkung geklebt, so dass ihr Kollege diesen leichter bedienen kann.

„Wir suchen nicht die Menschen nach der zu erledigenden Arbeit aus. Vielmehr schauen wir nach den Stärken des einzelnen und suchen dann Wege, einen Arbeitsplatz zu schaffen, an dem die Person eine sinnhafte Arbeit leisten und den eigenen Lohn auch mit erwirtschaften kann“, beschreibt es Marek Saalfeld, Leiter des GestaltenWerks bei antonius. „Das Besondere bei Dominik ist, dass die Technik – also der Laser – seine Beeinträchtigung ausgleicht. Die Behinderung, die aus unserem Verständnis heraus von der Gesellschaft durch ihre Werte und Normen erzeugt ist, wird durch die Technik quasi enthindert.“ Im Falle eines anderen Kollegen sei dies anders: Dieser arbeite leidenschaftlich gerne mit feinem Werkzeug und stelle Holzarbeiten ausschließlich per Hand her. Wichtig ist für Marek Saalfeld, für jedes Talent den passenden Arbeitsplatz zu ermöglichen. Und damit auch Vorbild für externe Betriebe zu sein, die bisher vielleicht noch keinem Menschen mit Beeinträchtigung eine Arbeitsmöglichkeit geben.

Dominik Berkowski jedenfalls scheint glücklich an seinem Arbeitsplatz. „Ich habe schon viele Arbeiten ausprobiert, zum Beispiel Briefe eintüten oder Holzartikel feinschleifen. Jetzt habe ich den richtigen Ort gefunden und bin viel zufriedener, weil bei meiner Arbeit mehr herauskommt – nämlich ein ganzes fertiges Produkt“, sagt der Neuenberger. Dass dieses Produkt dann auch in einem Laden oder auf dem Adventsmarkt von antonius verkauft wird, macht ihn stolz. Eine Version des Holzanhängers wird aktuell zudem im Heimatliebe-Laden der Fuldaer Zeitung verkauft – und auch der Heimatliebe-Adventskalender enthält ein Produkt, das durch die Arbeit von Dominik Berkowski entstanden ist.

Foto: Steffen Waßmann

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