Einsamkeit hat hier keine Chance

Die Nachbarschaft am Tränkhof ist seit 40 Jahren gewachsen und wird an die nächste Generation weitergegeben

Poppenhausen-Tränkhof - Ein sonniger Nachmittag am Tränkhof: Im Vorgarten des Bauernhofs von Helga und Manfred Mihm hat sich eine muntere Kaffeerunde versammelt. Immer mehr Nachbarn trudeln ein – die eine mit Kuchen, der andere mit zwei Kannen Kaffee, der nächste bringt die neuesten Dorfgeschichten mit.

Es wird gelacht, geplaudert, diskutiert. Die Stimmung ist lebendig, vertraut – man spürt sofort: Am Tränkhof lebt eine besondere Gemeinschaft, geprägt von Zusammenhalt und Herzlichkeit. Katrin Kunstmann kam vor einigen Jahren der Liebe wegen aus Rotenburg/Fulda hierher. Ihre Entscheidung hat sie nie bereut. Noch am Tag des Einzugs half sie dem Nachbarn beim Silomachen – so schnell wird man hier Teil der Dorfgemeinschaft. „Ich bin so herzlich aufgenommen worden. Auch mein Sohn fühlt sich hier pudelwohl. Was mir besonders gefällt: Jeder schaut auf den anderen. Das macht Tränkhof für mich aus“, sagt die junge Frau.

Dass man sich aufeinander verlassen kann, zeigt sich immer wieder. Als eine Dorfbewohnerin schwer erkrankte, blieb die Familie nicht lange allein mit der Sorge – und der Arbeit. „Alle packten mit an, ob beim Kochen, Wäschewaschen oder im Garten. Und für ein Schwätzchen war trotzdem noch Zeit“, erinnert sich Luise Bernhardt. Auch eine ältere Dame, die nach einem Sturz Hilfe brauchte, wurde nicht allein gelassen. „Als der Krankenwagen sie wieder nach Hause brachte, standen die Nachbarn Spalier – und ein junger Mann trug sie kurzerhand in ihre Wohnung“. Einsamkeit hat in Tränkhof keine Chance.

Eine Schlüsselfigur dieser besonderen Dorfgemeinschaft ist Helga Mihm. Vor über 40 Jahren gründete sie mit ihrem Mann Manfred und anderen im damaligen Gasthof „Alt-Tränkhof“ einen Stammtisch für alle Dorfbewohner, der sich als Keimzelle für das herzliche und verantwortungsvolle Miteinander im Dorf erwies. Immer mehr Familien kamen hinzu, und mit ihnen wuchs auch das gemeinschaftliche Leben. Heute gibt es kaum ein Wochenende, an dem nicht etwas los ist.

Ein fester Termin ist das Kapellenfest. Es erinnert an den Bau der Kapelle vor 25 Jahren – ein Gemeinschaftswerk der Dorfbewohner. Zum Jubiläum am 6. Juli wird Alt-Bischof Ludwig Schick erneut die Messe mit den Tränkhöfern feiern – wie schon zur Einweihung vor einem Vierteljahrhundert, freut sich Walter Bernhardt. Und auch sonst wird angepackt: Die Erneuerung des Spielplatzes im vergangenen Jahr stemmten die Dorfbewohner vollständig in Eigenleistung. Jetzt lädt eine mit Zuschüssen angeschaffte Sitzgruppe unter der Dorflinde zum Verweilen ein, ergänzt durch ein kleines Hexenhäuschen als Regenschutz, errichtet von den Rentnern des Orts. Die Pfosten der neuen Schaukeln sind gerade einbetoniert. Bald kann geschaukelt werden.

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Immer wieder entstehen neue Ideen. Jüngstes Beispiel: das Christbaumloben – eine Tradition aus dem Schwabenland, die eine Nachbarin mitgebracht hat. Eine ausgelassene Runde von morgens zehn bis abends sechs, inklusive einiger feuchtfröhlicher Beiträge, wie Peter Hauke schmunzelnd schildert. Und eine kurze Spazierrunde am Sonntagmorgen könne schon mal ein paar Stunden dauern – einfach, weil es hier und da etwas zu erzählen gibt.

Das Geheimnis dieser lebendigen Gemeinschaft? Sie ist über Jahrzehnte gewachsen – und sie lebt generationenübergreifend weiter. Die Kinder und Enkelkinder der ersten Generation führen fort, was ihre Eltern aufgebaut haben. Wenn die 13-jährige Emma unter der Dorflinde vom Leben in Tränkhof schwärmt, wird klar: Um die Zukunft dieser Dorfgemeinschaft muss sich niemand Sorgen machen.