Ein Netz aus Freundschaft – Die Maulkuppenstraße in Poppenhausen

Wo Nachbarschaft lebendig wird

Wenn man durch die Maulkuppenstraße in Poppenhausen schlendert, spürt man: Hier wohnt nicht einfach nur eine Gruppe Menschen. Hier lebt eine Gemeinschaft. Eine, die in wenigen Jahren gewachsen ist, wie andere es in Jahrzehnten nicht schaffen – durch Offenheit, Neugier und das ehrliche Interesse aneinander.

2019 zogen die ersten Familien in das neue Baugebiet ein. Wo vorher nur leere Grundstücke lagen, begannen Gespräche über Gartenzäune hinweg. Man lieh sich Werkzeuge, feierte Richtfeste, teilte Baufrust und fand Gemeinsamkeit. Was daraus entstanden ist, ist eine Nachbarschaft, wie sie sich viele wünschen: lebendig, vernetzt, verlässlich.

Heute sind es über 20 Häuser, bewohnt von Paaren, Familien, Singles, vom Baby bis zum Senior. Handwerker, Kreative, Angestellte, Selbstständige – jeder bringt sich mit dem ein, was er kann. Und weil das alles so selbstverständlich geschieht, wirkt es auf den ersten Blick gar nicht spektakulär. „Das, was bei uns normal ist, scheint andernorts etwas Besonderes zu sein“, sagt Marina Kadner, die den Impuls zur Bewerbung für den Nachbarschaftspreis gegeben hat.

Doch bei genauem Hinsehen ist es eben genau das: besonders. Ein pulsierendes Netzwerk, das funktioniert, weil alle dazugehören wollen – und dürfen. Vom Einkauf bis zur Kinderbetreuung, vom Werkzeugverleih bis zur emotionalen Unterstützung, wenn es das Leben mal nicht so gut mein hier ist Hilfe keine Ausnahme, sondern Alltag.

Herzstück der Straße ist der Spielplatz, mitgeplant von zwei Müttern aus der Nachbarschaft. Das riesige Klettergerüst bietet nicht nur Abenteuer für die Kinder, sondern auch einen herrlichen Blick über die ganze Straße – fast symbolisch für den Überblick, den man hier füreinander behält. Kinder klettern, toben, matschen, fahren mit Rad oder Bobbycar, während ihre Eltern sich am Zaun austauschen oder gemeinsam Pläne schmieden. Flori organisiert regelmäßig Spielaktionen für die Kleinen – mit Tüchern, Musik und Fantasie.

Die Streuobstwiese ist ein weiteres Gemeinschaftsprojekt. Ursprünglich als Blühstreifen geplant, wurde sie kurzerhand von den Anwohnerinnen und Anwohnern neu gedacht, geplant, bepflanzt – und wird jetzt gepflegt. Ein Beispiel von vielen, wie Ideen gemeinsam umgesetzt werden.

Und es sind nicht nur die großen Dinge. Es sind die kleinen, die das Miteinander in der Maulkuppenstraße ausmachen: Ein belegtes Brot, das kommentarlos vorbeigebracht wird, wenn der Tag schwer war. Ein Rasenmäher, der von Haus zu Haus wandert. Ein Kindersitz, der schon mehrmals die Besitzer gewechselt hat. Oder eine Hebamme, die mit Nadeln und Naturwissen zur Stelle ist. Wenn ein Kind betreut werden muss, springen andere Eltern ein – verlässlich, unkompliziert, selbstverständlich.

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31 Kinder wachsen hier aktuell auf – allein sieben davon wurden 2024 geboren. Die Straße lebt, atmet, lacht, weint mit ihren Bewohnern. Und wie es in einem afrikanischen Sprichwort heißt: Zur Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf. In der Maulkuppenstraße ist dieses Dorf Realität.

Der jährliche Höhepunkt ist das Straßenfest am ersten Samstag in den Sommerferien. Jeder bringt mit, was er hat – Grill, Kuchen, Musik, gute Laune. Längst geht es dabei nicht mehr ums Kennenlernen. Es geht ums Wiedersehen, Zusammenkommen, Erinnerungen schaffen.

Und wenn doch mal jemand geht – weil sich das Leben weiterdreht –, dann wird Abschied genommen wie von einem Familienmitglied. Mit einer Feier, mit Worten, mit Tränen. Denn was hier zurückbleibt, ist mehr als ein Haus. Es ist ein Teil von einem selbst – und der Maulkuppenstraße.

Diese Nachbarschaft zeigt: Es braucht keine Vereinsstruktur, keine großen Konzepte. Es braucht Menschen, die offen sind, die sich einbringen, die füreinander da sein wollen. Daraus wächst dann etwas ganz Großes – wie in der Maulkuppenstraße.